Der Zeitpunkt einer Exkursion in Deutschlands neues Regierungsviertel sollte mit Bedacht gewählt werden. Als Faustregel gilt: Die beste Zeit für einen solchen Spaziergang ist der frühe Morgen. Und je näher das Wochenende rückt, desto früher sollte damit begonnen werden. Ein solches Timing erspart Ihnen viele Passanten und die laute Musik, die aus den Lautsprechern eines vorbeifahrenden Kreuzfahrtschiffes auf der Spree ertönt.
Ein empfehlenswerter Ausgangspunkt für unseren Spaziergang ist der Berliner Hauptbahnhof. Der Panoramablick von den Toren des Bahnhofs ist ganz nett, wenn auch wahrscheinlich nur vorübergehend, bis dort wie geplant ein riesiges Hotel gebaut wird. Versuchen Sie trotzdem, die Tage zu vermeiden, an denen Massenveranstaltungen den Bahnhofsbereich mit Unterhaltungsbühnen füllen.
Die offizielle Bezeichnung „Regierungsviertel“ ist übrigens nicht zutreffend, denn das Bundeskanzleramt ist hier der einzige Regierungssitz. Alle anderen Gebäude gehören dem Bundestag.
Wandern entlang des Bundesbandes
Vom Bahnhof gehen wir zu Fuß weiter in Richtung Süden zum nahegelegenen Fluss, wo wir rechts abbiegen und unter der Moltkebrücke hindurchgehen. Unser erster Blick sollte nach links auf das Bürogebäude des Kanzlers (Deutschlands Ministerpräsident) auf der anderen Seite des Flusses geworfen werden. Die Berliner nennen das Gebäude wegen seiner Form spöttisch “Waschmaschine”. Die Kanzler (jetzt Angela Merkel) und ihre Mitarbeiter bewohnen den 7. Stock.
Unsere Chance, den Wagen des Premiers über die Brücke fahren zu sehen, die das Bürogebäude mit dem anderen Spreeufer verbindet, ist eher gering. Wir können auch nicht sehen, wie sie auf dem Weg zum Gebäude aus ihrem Hubschrauber steigt, weil der Rasen des Hubschrauberlandeplatzes von einer Mauer umgeben ist.
Der Kanzler-Bau ist der westlichste Rand des sogenannten “Bandes der Bundesregierung”. Auf Deutsch klingt es besser: “Band des Bundes”. Entworfen hat dieses Bauwerksband der Architekt Axel Schultes, leider lässt sich die Tatsache, dass es sich um ein Band handelt, nur durch Überfliegen des Areals verifizieren.
Wir setzen unseren Spaziergang entlang des Flussufers fort, vorbei am Kanzler-Büro. Unsere allgemeine Richtung ist jetzt nach Westen, in Richtung der Siegessäule. Weithin sichtbar ist der Rand des historischen Denkmals, das zu den Wahrzeichen Berlins zählt. Der grüne Streifen, in dem wir spazieren gehen, eignet sich auch für ein Picknick. Es gibt auch viele Flussenten, und es kann unsere Zeit dauern, sie mit Krümeln zu füttern.
Die föderale Betonschlange
Die Landschaft ändert sich, während wir nach Westen vordringen, von Grünflächen zu hässlichen hohen Wohnhäusern. Wir kommen zu der von den Berlinern so genannten “Bundesschlange”, kastenartigen Bauten im Stil der “internationalen” oder “funktionalistischen” Architektur.
Zwischen den Wiesen und der Joachim-Karnatz-Straße winden sich Wohnhäuser wie eine Betonschlange. Die „Schlange“ grenzt an ein Schulgebäude, das letzte Überbleibsel eines einstigen Gewerbegebietes. Die nach Berlin gezogenen Beamten sollten in den Häusern entlang der “Schlange” wohnen, die meisten weigerten sich aber, Wohnungen wurden schließlich an “einfache Leute” vermietet.
Wir setzen unseren Weg in der Paulstraße fort. Wir gelangen wieder auf eine weite Grünfläche. Diesmal werden wir jedoch nicht alleine dort sein. Denn der Park, der sich am sogenannten “Dreieck des Präsidenten der Republik” befindet, ist immer voll von sonnenbadenden oder Frisbee-werfenden Menschen. Gegenüber ist das Schloss Bellevue zu sehen. Das Herrenhaus wird seit 1994 als offizielle Residenz des Präsidenten der Republik genutzt.
Ruhen bei der schwangeren Muschel
Die Landschaft verwandelt sich plötzlich in mit Graffiti übersäte Eisenbahnbrücken. Wenige Meter von hier führt eine Fußgängerbrücke über die Spree. Nun geht es südlich des Flusses auf einem schmalen Pfad zurück zur Paulstraße. Bald müssen wir nach links (Osten) abbiegen und etwa 300 Meter in die John-Foster-Dulles-Straße (Allee) gehen, eine relativ stark befahrene Straße. Die kurze lärmende Pause endet jedoch, als wir die Straße nach links in einen schmalen Weg verlassen, der zum Fluss führt. Bald erreichen wir das Haus der Kulturen der Welt.
Die Struktur wurde früher “Kongresshalle” genannt. Es wurde 1957 von der US-Regierung dem deutschen Volk gestiftet, nachdem es als amerikanischer Pavillon auf der Interbau, der Internationalen Messe der Bauindustrie, in Berlin fungierte. Das Gebäude gilt als Ikone des modernen Bauens. Die unbeeindruckten Berliner nannten es „das schwangere Muschelhorn“. Das Gebäude verfügt über eine Cafeteria, in der Sie eine Tasse Cappuccino genießen können, es sei denn, Sie haben etwas Konkretes gegen die Architektur der 1950er Jahre – dunkles Holz und viel nackter Beton. Tipp: Bleiben Sie an einem schwülheißen Sommertag nicht zu lange dort.
Nachdem wir uns eine Weile ausgeruht haben, gehen wir wieder ins Freie und biegen rechts ab. Wieder kommen wir am Kanzlergebäude vorbei, diesmal ganz nah. Das Gebäude wirkt viel monströser als aus größerer Entfernung.
Wenn links neben uns der Hauptbahnhof zu sehen ist, fällt uns leicht die Botschaft aufder Schweiz, nicht nur wegen des Kreuzes auf dem Dach, sondern auch, weil dies tatsächlich das einzige alte Gebäude ist, das im Umkreis von zehn Kilometern sichtbar ist.
Die andere Kante des Bandes
Wie weit sollen wir weitergehen? Das hängt davon ab, wie viel Zeit wir haben. Ein Rundgang durch das Regierungsgebäude ist jedoch nicht vollständig, ohne zumindest an den Parlamentsgebäuden und dem renovierten Reichstagsgebäude vorbeigekommen zu sein.
Zu unserer Rechten sehen wir das Paul-Loebe-Haus mit den Sitzungssälen und Büros der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Das Gebäude ist durch eine Brücke mit dem auf der anderen Spreeseite stehenden Marie-Elizabeth-Lüders-Haus verbunden. Dieses Gebäude ist ein Zentrum der Bundestagsdienste, einschließlich Archiv und Bibliothek. Das Gebäude befindet sich genau dort, wo früher die Berliner Mauer stand. Der Verlauf der Mauer ist auf dem Boden im Inneren des Gebäudes markiert.
Die Regierungskapelle endet am Lüders-Haus. Nach den ursprünglichen Plänen sollte der Streifen weiter östlich bis zum Bahnhof Friedrichstraße gebaut werden. Sie wurden wegen finanzieller Probleme abgesagt, aber es gibt keine Anzeichen für eine Änderung der Pläne.
Das Gebäude der deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ARD ist ein guter Punkt, um unsere Wanderung zu beenden. Dann überqueren wir vielleicht noch einmal die Spree, auf dem Weg zurück zum Hauptbahnhof. Und wenn die Menschenmassen dort noch nicht angekommen sind, könnten wir unter der Moltkebrücke wieder ruhigere Momente genießen, in einem nahe gelegenen Restaurant sitzen und zusehen, wie die „Waschmaschine“ in ihre tägliche Bewegung versetzt wird. Wenn sie Umzug Berlin wollen, besuchen sie bitte unsere website.